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CMD - Schiene funktioniert nicht: Was tun?

Autorenbild: DDr. Rainer BiedermannDDr. Rainer Biedermann

Aktualisiert: 19. Sept. 2023


Inhaltsverzeichnis


 

In meiner Tätigkeit als CMD-Arzt möchte ich mich heute einem in meiner Praxis häufig beobachteten Problems widmen, und zwar warum es sein kann, dass die CMD-Schiene nicht funktioniert.


Viele meiner Patienten/Innen kommen bereits mit einer ablehnenden Haltung gegenüber einer Schienentherapie zum Beratungstermin, da sie diesbezüglich bereits schlechte Erfahrungen gesammelt haben. Es kann sogar vorkommen, dass eine beachtliche Sammlung an Schienen zum Erstgespräch mitgebracht wird, deren Wirkungsweisen sich in allen erdenklichen Facetten zeigen.


Von keiner Veränderung oder einer deutlichen Verschlechterung der Beschwerden ja sogar hin bis zur Entwicklung von zuvor unbekannten Leiden ist alles mit dabei. Somit ist es aus Sicht der Patientin / des Patienten verständlich und auch berechtigt, dass eine gewisse Skepsis gegenüber dem Behandlungskonzept "CMD - Schiene" besteht.



Gibt es die "richtige" CMD-Schiene?


Im Folgenden möchte ich auf die möglichen Ursachen eingehen, warum eine CMD-Schiene nicht funktionieren kann.



Anfangsdiagnostik


Als ersten und essenziellsten Punkt sehe ich die Anfangsdiagnostik. Sie ist sozusagen der Moment an dem die Therapie bereits in die falsche Richtung gehen kann. Dabei gilt es folgenden Sachverhalt zu klären.


Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Biss und den Beschwerden der Patientin / des Patienten?


Leider ist häufig "Zeit" das Problem. Zeit, die aufgrund des hohen Patienten- / Arbeitsaufkommens nicht für eine eingehende Anamnese und Diagnostik vorhanden ist. Die CMD-Therapie läuft in vielen Ordinationen meist neben der regulären zahnärztlichen Tätigkeit mit. Sollte hier eine falsche Diagnose gestellt oder einfach eine Schiene angefertigt werden, ist es klar, dass die Therapie zum Scheitern verurteilt ist.


In unserer Praxis erfolgt bereits im Erstgespräch neben einer eingehenden Anamnese, ein Muskelscreening in dem wir uns sehr viel Zeit für Sie nehmen, im Schnitt dauert die Untersuchung 45-60 Minuten. Dies liefert uns schon vorab einen sehr guten Überblick über Ihr Leiden. Lassen sich Ihre Beschwerden durch Reizung von Triggerpunkten in der Kaumuskulatur auslösen, ist eine Beteiligung des Bisses wahrscheinlich.


Zusätzlich arbeiten wir noch mit muskulären Entspannungsübungen für Zuhause aus denen wir nochmals wichtige Informationen im Hinblick auf Veränderungen z.B. im Ausmaß der Kieferbewegungen, der Kopfdrehung und dem Allgemeinen Ansprechen auf Ihre Schmerzen ziehen können.


Im zweiten Termin wird Ihr Befund nochmals besprochen und die weitere Vorgehensweise geplant. Sollte sich hier der Anfangsverdacht bestätigen, leiten wir weitere diagnostische sowie therapeutische Maßnahmen ein.



Auf- bzw. absteigende Symptomatik


In Puncto Diagnostik ist noch ein wichtiger Punkt zu erwähnen.


Von wo kommen die Beschwerden der Patientin / des Patienten?


Hierzu möchte ich Ihnen gerne ganz kurz die auf- bzw. absteigende Symptomatik näher bringen. Werden die Beschwerden einer Patientin / eines Patienten bei einer aufsteigenden Symptomatik mit einer CMD-Schiene behandelt, ist mit keinem Erfolg in der Therapie zu rechnen.


Bei einer aufsteigenden Symptomatik kann die Ursache z.B. in einem Beckenschiefstand liegen. Durch die Fehlhaltung reagiert die gesamte Haltungskette was die Weiterleitung der Problematik bis in unseren Biss bedeuten kann. Hier ist die Zusammenarbeit mit einer Manualtherapeutin / Manualtherapeuten aus dem Bereich der Physiotherapie oder Osteopathie gefragt, um das Problem zu lösen.


Handelt es sich aber um eine absteigende Symptomatik ist wirklich der Biss an den Beschwerden schuld. In diesem Fall können die Beschwerden der Patientin / des Patienten mit einer CMD-Schiene gut behandelt werden. Allerdings bedeutet eine Veränderung im Biss wiederum auch eine neue Situation für die gesamte Haltungskette, welche parallel von einer Manualtherapeutin / einem Manualtherapeuten begleitet werden sollte.



Die Bissnahme


Der heilige Gral der Zahnmedizin ist sicherlich die Bissnahme. Ich erinnere mich an meine Ausbildungszeit und wie die Bissnahme immer sehr sagenumwoben dargestellt wurde. Oft wurde von einem „magischen Händchen“ der Behandlerin / des Behandlers berichtet, welche die korrekte Position des Unterkiefers zum Oberkiefer exakt „erspüren“ konnte und genau wusste, wo die Patientin / der Patient gerne „beißen“ möchte. Also schien es sich wohl um eine Begabung oder eine angeborene Fähigkeit zu handeln weshalb die eine Zahnärztin / der eine Zahnarzt Erfolg in der Behandlung der CMD hatte und der / die andere nicht?


Wie sich später herausstellen sollte, war dem nicht so.


Unser Unterkiefer bewegt sich in einem 3-dimensionalen Raum. Das klingt im ersten Moment zwar banal, ist aber absolut entscheidend, wenn es um die Positionierung des Unterkiefers geht. Offensichtlich wird dies nachdem die Kaumuskulatur entspannt wurde und man erstmalig die veränderte Einstellung des Unterkiefers zum Oberkiefer sieht. Hier zeigen sich oft wahrlich abenteuerlich anmutende Neuausrichtungen der Mandibula (des Unterkiefers), die sich aber durch die physiologische Ausrichtung der entspannten Kaumuskulatur ergibt.


Allein die Vorstellung, dass diese Unterkieferlage durch die Hand der Behandlerin / des Behandlers reproduziert werden kann, scheint - aus meiner Sicht - sehr, sehr unwahrscheinlich zu sein. Schon zumal eine verkrampfte und verspannte Muskulatur nicht loslässt und sich in diesem Zustand schon gar nicht führen lässt.


Meist wird der Kiefer von der Zahnärztin / dem Zahnarzt durch eine Lockerungsbewegung von oben nach unten für die Bissnahme vorbereitet. Eine andere Technik stellt die Führung des Unterkiefers in seine rückwärtigste Position dar, in der die Kiefergelenke nach hinten gestaucht werden, um eine immer wieder „reproduzierbare“ Bissnahme um die Kiefergelenksachse zu gewährleisten. Wir sehen also es handelt sich um eine Vorgabe in 2 Raumrichtungen von oben nach unten oder von vorne nach hinten, die der angestrebten räumlichen Ausrichtung des muskulär geführten Unterkiefers nach meinen Erfahrungen nicht gerecht werden kann.


Im Unterschied dazu erfolgt in unserer Ordination die Bissnahme erst nach einer eingehenden Entspannungstherapie Ihrer Kau- und Nackenmuskulatur. Dadurch gibt die relaxierte Muskulatur selbst die neue, sozusagen vom Körper „wiederentdeckte“ physiologische Unterkieferposition vor. Der Biss wird anschließend von uns ohne Manipulation an der Patientin / dem Patienten abgenommen.


Dieses Bissregistrat ist Ausgangspunkt für all unsere weiteren Planungen bzw. Therapien. Allerdings stellt auch in unserer Praxis die Bissnahme immer nur eine Momentaufnahme ähnlich einem Foto, das geschossen wird, dar. Daher überprüfen wir immer die Korrektheit Ihres Bisses mindestens zweimal während des Therapieverlaufs.


Neben den „geführten Bissen“ sei auch noch der habituelle Biss, also Ihr gewohnter Biss zu nennen. Dabei wird ein warmer Wachsstreifen auf Ihren unteren Zahnbogen gelegt, den sie anschließend durchbeißen. Dieser dient der Zuordnung von Ober- und Unterkiefer zueinander. Diese Art der Bissnahme ist beim Gesunden das Mittel der Wahl, allerdings nicht bei einer CMD - Patientin / einem CMD - Patienten. Denn genau diese Verzahnung ist ja der Auslöser Ihrer Beschwerden. Würde man auf dieser Position eine CMD – Schiene anfertigen, wäre die Therapie mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt.



Warum? Weil die Muskulatur nicht in die Behandlungsplanung miteinbezogen wurde.


Stellen Sie sich vor Sie gehen zum Orthopäden und wollen eine schmerzhafte Fehlhaltung Ihres Beines behandeln lassen. Die Muskulatur verkrampft dadurch immer unter großen Schmerzen und sie können nicht mehr laufen. Die Ärztin / der Arzt verschreibt Ihnen vorab keine Übungen oder Muskelentspannungstherapien, sondern sofort eine Schiene, die Entlastung für das Bein bringen soll, sie aber in Ihrer krankmachenden Körperhaltung fixiert. Keine angenehme Vorstellung. Ähnlich verhält es sich auch mit einer CMD-Schiene, die auf einer falschen Kieferposition ohne Berücksichtigung der Muskulatur aufbaut.




Die Ruheschwebe


Was ist die Ruheschwebe?


Die Ruheschwebe beschreibt die neuromuskulär bedingte physiologische Lage des Unter- zum Oberkiefer in der ein leichter Abstand von wenigen Millimetern zwischen den Zähnen eingenommen wird. Diese Funktion ist von entscheidender Bedeutung, da diese gewährleistet, dass der Unterkiefer zu jeder Zeit in einem Bruchteil einer Sekunde die Verzahnung zielgenau treffen kann. Die Muskulatur kontrahiert, es kommt zum Zahnkontakt und danach gewährleistet die Ruheschwebe der Muskulatur einen Bereich in dem sie wieder loslassen und entspannen kann.



Was kann die Ruheschwebe stören?


In unserem Fall kann eine zu hohe CMD-Schiene dazu führen. Die Höhe einer CMD-Schiene sollte immer entsprechend der Ruheschwebe eingestellt werden und diese nach Möglichkeit nicht stören. Bei Nichtbeachtung der Ruheschwebe kann es zu starken Schmerzen in der Kaumuskulatur kommen, da diese immer aus einem Spannungszustand heraus arbeiten muss.


Stellen Sie sich ein Gummiband vor, das Sie zwischen Ihren Fingern spannen. Sie möchten die Finger näher zueinander bewegen und so die Spannung herausnehmen, allerdings liegt etwas zwischen Ihren Fingern, das dies verhindert.


Wird der Störfaktor der zu hohen Schiene beseitigt, können Sie die Finger (Ober-/Unterkiefer) weiter zueinander bewegen und somit die Spannung im Gummiband (Muskulatur) lösen.


Zu steile Schneidezähne oder Tiefbiss


Zu steile Schneidezähne können auch der Grund dafür sein, warum die Ruheschwebe nicht erreicht werden kann. In diesem Fall treffen die Schneidezähne zu früh aufeinander und der Abstand zwischen den Kiefern ist zu groß. Die Kaumuskulatur bleibt in einem Spannungszustand gefangen.


Wird hier vorab nicht die Stellung der Schneidezähne kieferorthopädisch verbessert, sondern sofort eine Schiene angefertigt, ist mit keinem Therapieerfolg zu rechnen. Wir erinnern uns an das oben genannte Beispiel der Finger mit dem Gummiband. Hier stellt die Fehlstellung der Schneidezähen den Störkontakt dar, warum sich Ober- und Unterkiefer nicht weiter annähern können.


Das Erreichen der Ruheschwebe kann meist gut durch das Absenken der Schienenhöhe oder durch die Beseitigung der Störkontakte mittels einer kieferorthopädischen Vorbehandlung sehr einfach ermöglicht werden.



Zahnschienen Unverträglichkeiten


Da die CMD-Schiene aus Kunststoff gefertigt ist, sollte auch die Problematik von Unverträglichkeiten bzw. Allergien angesprochen werden. Diese können dazu führen, dass Schienen nicht mehr getragen werden, da sie zu brennenden oder juckenden Sensationen führen. Darüber hinaus kann sich eine Materialunverträglichkeit auch auf den gesamten Organismus auswirken und die Patientin / den Patienten stark beeinträchtigen.


Interdisziplinäre Zusammenarbeit


Grundlegend ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von großer Wichtigkeit, da nur so der Patientin / dem Patienten eine korrekte Diagnose und somit entsprechende Therapie zukommen kann. Daher sind wir in unserer Ordination stets bemüht unser Netzwerk mit anderen Fachdisziplinen zu erweitern und ergänzend zu unserer Therapie neue Behandlungs- und Diagnoseansätze für unsere Patientenzuweisungen zu finden.


Kann eine Aufbiss-Schiene schaden?


Die Antwort lautet ja. Sollte die Schiene bestehende Beschwerden verschlechtern bzw. verstärken oder sogar zuvor nicht dagewesene Schmerzen auslösen, ist vom Tragen der Schiene dringend abzuraten. Schmerz ist immer ein Warnsignal und sollte auch als solches verstanden werden.


Sollten die Beschwerden mit einer CMD-Schiene nach 3 Monaten nicht besser werden, sollten Sie einen Termin bei Ihrer Zahnärztin / Ihrem Zahnarzt vereinbaren. Im Falle einer deutlichen Verschlechterung oder gar Entwicklung von neuen Symptomen, sollte die CMD-Schiene sofort abgesetzt und ein neuer Termin geplant werden.


ABER: Die anfängliche Umstellung der Muskulatur kann in den ersten Tagen nach Eingliederung einer neuen Aufbissschiene von einer kurzen Erstverschlimmerung begleitet sein. Die verspannte Muskulatur muss sich erst wieder an die neue entspannte Position „erinnern“ und loslassen lernen.


Denken sie an das Dehnen der Muskulatur. Dies ist am Anfang auch schmerzhaft, lässt dann aber auch nach und hinterlässt ein gutes Gefühl.





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